Sie kommt herein und der Raum füllt sich mit Wärme und Zugewandtheit. Mit ihren kurzen grauen Haaren, der farbenfrohen Brille und den glänzenden braunen Augen freut man sich auf ein Gespräch mit ihr und erfährt so manche spannende Geschichte aus ihrem Leben. Denn es ist Zeit zurück zu schauen: Pfarrerin Jasmin Gabel, seit knapp sieben Jahren mit halber Stelle in der evangelischen Kirchengemeinde Guntersblum tätig, geht mit 63 Jahren ab dem 1. Mai 2023 in den Ruhestand. Sie hat ihn sich redlich verdient, denn "neben" ihrem Pfarramt war sie noch Krankenschwester in der Dialysestation der Uniklinik Mainz. "Die letzten Corona-Jahre, " erinnert sie sich, "waren gerade im Krankenhaus sehr anstrengend." Ihr Mann ist bereits seit einigen Jahren im Ruhestand und nun möchten die beiden mehr Zeit miteinander verbringen, italienisch lernen, Europa erkunden.
In einem Armenviertel von Recife gearbeitet
Sprachen lernen ist nichts neues für die Theologin – natürlich nicht – denn im Theologiestudium in Erlangen und Heidelberg Ende der 1980er Jahre hieß es ja für die junge Frau auch, das Latinum, Graecum und Hebraicum absolvieren. Überraschend ist aber, dass die gebürtige Mannheimerin auch die Gebärdensprache beherrscht und brasilportugiesisch spricht, "das ist viel weicher als das europäische Portugiesisch", schwärmt sie. Gelernt hat sie die Sprache bei einem mehrjährigen Aufenthalt Anfang der 1980er in Brasilien. Auch wenn sie gerne sofort nach dem Abitur studiert hätte, folgte sie dem Rat ihrer Eltern und machte eine Ausbildung zur Krankenschwester. So gut gerüstet, arbeitete sie in der Folgezeit zunächst in einem Lepradorf im südbrasilianischen Paraná und anschließend in Nordostbrasilien in einer Kindertagesstätte, die von Franziskanerinnen geführt wurde, in einem Armenviertel in der Stadt Recife.
Erst Krankenschwester, dann Pfarrerin
Das Erlebte und die Befreiungstheologie, die dort von der Katholischen Kirche praktiziert wird, hat Jasmin Gabel lebenslang beeinflusst. Zurück in Deutschland hat sie immer wieder Spendenprojekte für Südamerika oder Afrika unterstützt und ist, um sicherzustellen, dass die Spenden auch an der richtigen Stelle ankamen, auch häufig in diese Länder gereist. Aber erst einmal verwirklichte sie Anfang der 1990er Jahre ihren Traum vom Theologiestudium mit dem klaren Ziel Krankenhausseelsorgerin zu werden. Doch die PfarrerInnen-Schwemme der 1990er Jahre machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie konnte nur ehrenamtlich als Pfarrerin arbeiten und nahm in Pforzheim eine Stelle in einer ambulanten Dialyseeinrichtung an: "Die Dialyse", erinnert sie sich, "war mein kleines Pfarramt. Es macht mich einfach glücklich, mit einem Patienten zu sprechen und ihm Hoffnung zu geben" In Pforzheim war die Theologin auch vier Jahre lang im Ehrenamt Gehörlosenpfarrerin und lernte in diesem Zusammenhang die Gebärdensprache.
Die Stelle in Guntersblum: "Eine tolle Chance"
Doch dann lernte sie ihren Mann, einen gebürtigen Mainzer, kennen und zog mit ihm in dessen Heimat nach Rheinhessen. Sie arbeitete nun in der Mainzer Uniklinik auf der Dialysestation und wohnte mit ihrem Mann in Guntersblum. Sehr bald, 2013, wurde sie auch in Guntersblum als Pfarrerin im Ehrenamt eingeführt und schließlich konnte sie 2016 hier eine halbe Stelle als hauptamtliche Pfarrerin antreten. "Das war eine tolle Chance", erinnert sie sich, "und ich bin bis heute meinem Guntersblumer Kollegen Johannes Hoffmann und dem damaligen Dekan Michael Graebsch dankbar, dass sie das möglich gemacht haben."
"Die richtige Balance finden, von Gott zu sprechen"
Kein Wunder, dass sie ihre Arbeit auf ihrer halben Pfarrstelle in Guntersblum sehr genossen hat, auch wenn das hieß, dass sie die eine Hälfte der Woche von Donnerstag bis Samstag im Krankenhaus arbeitete und die andere Hälfte von Sonntag bis Mittwoch in der Gemeinde. "Als Pfarrerin zu arbeiten ist in allen Bereichen eine schöne Arbeit", erklärt sie. Ob nun in den Bereichen des Frauenkreises, der Seniorenarbeit, dem Besuchsdienst oder in den Vorbereitungsgesprächen für Taufe, Hochzeit oder Beerdigung – Jasmin Gabel fand einen guten Zugang zu den Menschen in Guntersblum und fühlt sich hier heute sehr wohl. "Trost und Hoffnung zu spenden, die richtige Balance zu finden von Gott zu sprechen ohne missionarisch zu werden, das ist eines der spannendsten Dinge in unserem Beruf", resümiert sie und freut sich: "Dass ich das am Ende meiner Berufslaufbahn noch mal machen konnte, dafür bin ich sehr dankbar.
Am Sonntag, dem 16. April, um 10:00 Uhr findet in der Guntersblumer Kirche der Abschiedsgottesdienst für Pfarrerin Gabel mit Pröpstin Henriette Crüwell und Dekan Olliver Zobel statt.