Die Hörer des Orgelkonzerts in der Silvesternacht wissen um die Besonderheit der Stunde. Das Orgelkonzert in der Katharinenkirche markiert die Schwelle vom alten zum neuen Jahr. Das Vergangene tritt im Schein der Christbäume zurück und das Neue macht sich auf, in spürbarer Erwartung. Alljährlich begleitet die Orgelmusik diesen Übergang. Festlich, meditativ oder auch kraftvoll virtuos.
Am Dienstag, dem 31. Dezember um 22 Uhr gestaltet Dr. Katrin Bibiella auf der Woehl-Orgel ein Programm, das in die Klangsinnlichkeit der späten französischen Orgelromantik führt. Alle großen Namen sind dabei. Charles Marie Widor und Louis Vierne, Maurice Duruflé und Olivier Messiaen. Zu Lebzeiten haben sie in engem Verhältnis gestanden. Als Lehrer und Schüler, als älterer Kollege, als junger Freund. Und auch wenn ihre Lebensdaten sich nicht überschnitten, so berührte sich ihre Musik. Alle loteten sie auf ihre Weise die Klangmöglichkeiten der großen Pariser Orgeln aus, erbaut von Aristide Cavaillé-Coll, dessen Name noch heute eine Legende ist.
Mit der Oppenheimer Woehl-Orgel hat die Katharinenkirche ein nahezu kongeniales Instrument. Mit Katrin Bibiella eine Interpretin, die das musikalische Erbe der französischen Orgelkunst mit technischer Brillanz und großer poetischer Erzählkraft erklingen lässt.
So wird im Silvesterkonzert eine Meditation des 1992 verstorben Olivier Messiaen zum Nachhall des Weihnachtsfestes. „La Nativité du Seigneur“ – Die Geburt des Herrn – begründete im Jahr 1935 den internationalen Ruhm des damals 28-jährigen. In einer bis dahin unerhörten Tonsprache, in der sich Elemente der christlichen Mystik mit der musikalischen Avantgarde seiner Zeit verbinden, ist seine Musik Verkündigung einer Glaubensvision, in der die Verbundenheit des Menschen mit Gott aufscheint.
Es ist ein Konzert mit berauschender Musik. Ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk, das nachhaltig zu beglücken vermag.