„Nachdenken über das, wofür unser Herz brennt“

Zeit, um über die eigene Motivation und das Berufsbild der Pfarrer:in nachzudenken, bot jüngst der von Pröpstin Henriette Crüwell veranstaltete Propsteitag in Mainz. Unter dem Motto "Berufen wozu?" hielt der Tag für die Pfarrer:innen der Propstei nicht nur Inspirationen bereit, sondern er gab auch viel Raum, für einen kollegialen Austausch.

„Ich habe den Eindruck, dass wir uns in der Sorge um die Kirche derzeit im Kreis drehen und zu erschöpft sind, um darüber nachzudenken, wofür denn ursprünglich, aber auch jetzt, unser Herz brennt. Was unsere Berufung ist“, mit diesen Worten begrüßte die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, die Gäste des von ihr initiierten Propsteitages in der evangelischen Auferstehungsgemeinde in Mainz.
Ein Tag des Austauschs und der Inspiration
Reformprozesse, Kirchenaustritte, weniger Ehrenamtliche, die zunehmende Bürokratisierung und Digitalisierung des Alltags ­– all‘ das lässt den heutigen Pfarrer:innen kaum Zeit, um über die eigene Motivation und das Berufsbild der Pfarrer:in nachzudenken. Die Idee, im Rahmen eines Propsteitages Pfarrerinnen und Pfarrern aus Rheinhessen und dem Nassauer Land genau dafür Inspirationen und Raum zum Austausch zu bieten, fand bei den Besucher:innen des Tages ein sehr positives Echo. Und so wurde gleich zu Beginn der Veranstaltung der Vorschlag der Pröpstin: „Wir wäre es, wenn wir darüber reden, wozu wir berufen sind?“ von ihren Gästen gerne angenommen. Ob nun in Murmelgruppen oder angeleitet von dem Theaterpädagogen Simon Isser – die Pfarrer:innen kamen lebhaft gemeinde- und dekanatsübergreifend miteinander ins Gespräch.
Bis heute wirken die alten Bilder vom Pfarrdienst nach
Zusätzliche Impulse erhielten die Propsteitagsbesucher:innen durch zwei Vorträge über den Wandel und die Zukunftsperspektiven des Pfarrberufs. Dr. Rebecca Müller, Professorin für Kirchentheorie am theologischen Seminar der EKHN in Herborn, zeigte sich überzeugt, dass für den heutigen Pfarrdienst „der Knackpunkt das Verhältnis von Predigtamt und Pfarramt“ sei. Im 19. Jahrhundert habe das Pfarramt u.a. durch den Verlust der Schulaufsicht seine amtliche Funktion verloren. In den 1950er und -60er Jahren sei die Person des Pfarrers zunehmend in den Fokus geraten. Bis heute, so Rebecca Müller, wirken diese alten Pfarrdienstbilder nach. Diese seien nicht alle richtig, aber auch nicht alle falsch. Lesen Sie hier den Vortrag von Prof. Dr. Rebecca Müller nach.
Die Pfarrperson – weniger Steuermann bzw. -frau als Trainer:in
Um die Frage nach der Zukunft des Pfarrberufs zu beantworten, definierte der zweite Referent des Propsteitages, Kirchenrat Dr. Volker Lehnert, Leitender Dezernent für Personalentwicklung im Kirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland, zunächst einmal dessen Kernaufgabe: „Wir sind berufen, Christus zu bezeugen und möchten, dass Menschen im Glauben an Jesus getröstet leben und getröstet sterben.“ Die Pfarrperson sei heute außerdem weniger Steuermann bzw. -frau der Gemeinde, sondern vielmehr ihr:e Trainer:in, der bzw. die die Gemeindeglieder entsprechend ihrer geistlichen Fähigkeit einsetze. Mit einem bewegenden Ordinationserinnerungsgottesdienst unter dem Titel „Verankert“, gehalten von Pfarrerin Vanessa Bührmann, Pfarrerin Mariesophie Magnusson, Pfarrer Harald Wilhelm und Pröpstin Crüwell, endete der Propsteitag am späten Nachmittag.