Eine Würdigung ihrer Arbeit und einen offenen Austausch erlebten die Teilnehmenden des zweiten Studientages der KiTa-Leitungen der Gemeindeübergreifenden Trägerschaft des Dekanats Ingelheim-Oppenheim mit Xenia Roth, Referentin für Grundsatzfragen der Kinderbetreuung im Rheinland-Pfälzischen Bildungsministerium. Das Thema der Veranstaltung „Zwei Jahre neues KiTa-Gesetz – Wunsch und Realität“ ermöglichte es den KiTa-Leitungen das, was sie derzeit bewegt, vorzubringen.
„Wenn wir alle Verantwortlichen so ehrlich wie Sie erleben würden, dann kämen wir in ein Fahrwasser, in dem wir viel bewegen könnten“, mit diesen Worten würdigte der Dekan des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim, Pfarrer Olliver Zobel, bei dem zweiten Studientag der KiTa-Leitungen der Gemeindeübergreifenden Trägerschaft des Dekanats (kurz: GüT) den direkten Austausch mit Xenia Roth, Referentin für Grundsatzfragen der Kinderbetreuung im Rheinland-Pfälzischen Bildungsministerium.
Nach zwei Jahren neues KiTa-Gesetz bilanziert
Auf Einladung von GüT-Geschäftsführerin Sabine Bezvald waren im Nieder-Olmer Camara-Haus nicht nur die Leitungen und deren Stellvertretungen der acht GüT-KiTas im Dekanat gekommen, sondern auch die Leitung des Fachbereichs Kindertagesstätten im Zentrum Bildung der EKHN, Sabine Herrenbrück, sowie die Referentin für Qualitätsentwicklung für KiTas in der EKHN, Carolin Dietzel. Ein Studientag mit „geballter“ Fachkompetenz also, in dessen Mittelpunkt das Thema „Zwei Jahre neues KiTa-Gesetz – Wunsch und Realität“ stand. Eine gute Gelegenheit für die Leitungskräften der KiTas, ihre Sorgen und Nöte konkret und anschaulich zu formulieren und direkt an das Bildungsministerium weiterzugeben.
Personalmangel und hohe Investitionen
Die Vorstellung der einzelnen KiTa-Profile zeigte anschaulich, mit wie viel Herzblut, Fachwissen und Engagement hier Erziehungsarbeit geleistet wird. Deutlich wurde aber auch, welcher Druck auf den KiTas und ihrem Personal lastet. Dem Wunsch möglichst allen Kindern eine qualifizierte Betreuung zu bieten, steht das Fehlen einer ausreichenden Zahl von qualifizierten Erzieherinnen auf dem Arbeitsmarkt gegenüber sowie hohe, von den Trägern zum Teil nicht leistbare Investitionen in den Umbau und die Erweiterung der KiTas, um die Räumlichkeiten z. B. auch für die unter 1-Jährigen „fit“ zu machen.
„Der Druck liegt auf den KiTas und ihren Mitarbeiter:innen“
Das Ergebnis ist nicht nur eine immer dünner werdende Personaldecke in den KiTas (wobei die Güt-KiTas im Dekanat dank der guten Arbeit auch von Güt-Sachbearbeiterin Christine Müller-Berger gut aufgestellt sind), sondern auch – mitverursacht durch die Corona-Pandemie – ein hoher Krankenstand des KiTa-Personals. Infolgedessen müssen immer wieder Öffnungszeiten gekürzt werden, was bei den im Arbeitsleben unter Druck stehenden KiTa-Eltern z. T. auf wenig Verständnis stößt. Dekan Zobel fasste – an die Vertreterin des Ministeriums Xenia Roth gewandt – diese Misere folgendermaßen zusammen: „Familien erwarten Garantien, die wir in der Praxis oftmals nicht einlösen können. Der Druck liegt auf den KiTas und ihren Mitarbeiter:innen.“
KiTa-Leitungen haben zu wenig Zeit für organisatorische Arbeit
Die Sorge um ein reibungsloses Funktionieren des KiTa-Alltags erfordert u. a. angesichts der auf dem Arbeitsmarkt fehlenden Erziehungs-Fachkräfte oft eine Umstellung auf ein multiprofessionelles KiTa-Team. Die Einarbeitung fachfremder Arbeitskräfte jedoch führt zu einem noch höheren Verwaltungsaufwand. Die KiTa-Leitung muss aber einen Großteil ihrer Arbeitszeit der Erziehungsarbeit widmen, weil das Stundendeputat für die Leitungsarbeit sehr begrenzt ist. Um so dankbarer zeigten sich beim Studientag anwesenden KiTa-Leitungen, dass ihnen mit der Gemeindeübergreifenden Trägerschaft des Dekanats viel Bürokratie abgenommen wird “ (O-Ton einer KiTa-Leiterin: „Hätte ich nicht die GüT, dann würde ich das gar nicht schaffen“).
„Die Care-Arbeit hält unsere Gesellschaft zusammen“
Da diese Entlastung jedoch bei weitem nicht ausreicht, forderte GüT-Geschäftsführerin Sabine Bezvald im Namen „ihrer“ Leitungen ein erhöhtes Leitungsdeputat für die KiTas. Die Antwort von Ministerialreferentin Xenia Roth fiel dazu sehr klar aus: „In absehbarer Zeit sehe ich nicht, dass die seitens des Landes geförderten Leitungsdeputate erhöht werden. Fachlich teile ich ihren Wunsch, werde ihn mit ins Ministerium nehmen und mich dafür einsetzen.“ Und sie wies auf die begrenzten Finanzmiittel hin, die auch die rheinland-pfälzische Regierung habe. Roth unterstrich: „Die Care-Arbeit, zu der nicht nur die Arbeit in den KiTas, sondern z. B. auch die der Pflege gehört, hält unsere Gesellschaft zusammen. Es ist gut, wenn diese eine Stimme bekommt. Deswegen möchte ich Sie bestärken, laut ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen. Andererseits möchte ich ihnen zurufen, nicht darauf zu warten, dass sich die Situation von außen bessert, sondern gemeinsam mit ihren Trägern Wege zu finden, wie Sie den Alltag gestalten können. Herausforderungen konsequent aufzuzeigen, Strategien zu entwickeln und immer zu schauen, wo finde ich an dieser Stelle Verbündete.“
„Wirtschaft muss familien- und kinderfreundlicher werden“
Und diese Verbündeten, das seien z. B. die Eltern, die außerdem auch stärker dazu animiert werden sollten, Netzwerke zu bilden. Dieser Vorschlag wurde auch von der Leiterin des Fachbereichs Kindertagesstätten im Zentrum Bildung der EKHN, Sabine Herrenbrück, unterstützt: „Gerade bei KiTaschließungen netzwerken die Eltern derzeit zu wenig“. Und Herrenbrück regte an, Eltern, die sich über die Schließzeiten oder fehlende KiTaplätze beklagten, aufzufordern, sich mit ihrer Beschwerde direkt an „ihren“ Landtagsabgeordneten zu wenden. Dekan Olliver Zobel schließlich lenkte den Blick auf das große Ganze. Oftmals, so der Dekan, hätten die Arbeitgeber der KiTa-Eltern zu wenig Verständnis für deren Nöte z. B. bei verkürzten Öffnungszeiten: „Hier muss die Wirtschaft kinder- bzw. familienfreundlicher werden“, so forderte er, „und umdenken“.