Einfach mal laufen lassen …

Im vierten Teil seiner Gedanken zu Möglichkeiten der sich im Zuge von ekhn2030 entwickelnden Nachbarschaften plädiert Dekan Olliver Zobel dafür, auch einmal zu ruhen und das ein oder andere auch einfach mal laufen zu lassen. So eine Zäsur helfe nicht nur die Dinge zu sortieren, sondern schaffe auch Freiräume.

In der Schule habe ich noch die sogenannte Drei-Felder-Wirtschaft gelernt, das heißt, man baut auf einem Feld nicht jedes Jahr das Gleiche an, sondern verschiedene Früchte. Vor allem aber lässt man den Acker alle drei Jahre einfach unbearbeitet, damit sich der Boden erholen kann. Die Entdeckung des Kunstdüngers hat diese alte Weisheit überholt. Landwirte können nun jedes Jahr säen und ernten und müssen nur die Düngergabe entsprechend berechnen. Inzwischen erinnern sich aber immer mehr Landwirte an das alte Wissen um die richtige Fruchtfolge und das Brachliegenlassen des Landes. Gewiss erbringen die Felder so nicht mehr den Ertrag wie früher, aber die Früchte sind gesünder und das Trinkwasser wird nicht so stark mit Nitrat belastet. Auch die biblische Überlieferung kennt diese Tradition – und spricht vom Sabbatjahr, in dem man alle sieben Jahre die Felder und Weinberge einfach sich selbst überlässt. In der Bibel geht es aber nicht nur darum, dass sich das Land erholt, auch der Mensch soll wieder zu Kräften kommen und sich dabei an eines erinnern: Gott ist es, der zu seiner alten Verheißung steht: Es werden nicht aufhören Sonne und Regen, Aussaat und Ernte. Ich als sein Geschöpf darf aus dieser Verheißung heraus leben, muss sie aber eben nicht erfüllen. Und so ist es auch mit seiner Kirche: Gott selbst ist es, der sie gegründet hat und sie trägt. Ich darf in ihr gestalten und das Evangelium verkünden. Aber ob die Saat aufgeht, Menschen durch das Evangelium tief in ihren Herzen angesprochen und ein Teil dieser Kirche werden, das ist letztlich immer noch eine Gnade Gottes. Darum muss ich auch jetzt in diesem Reformprozess nicht die Kirche retten, mich nicht mit noch mehr Energie für dieses und jenes einsetzen oder noch ein weiteres Angebot auf die Beine stellen. Gott selbst empfiehlt mir, immer wieder alles eine Zeit einfach mal laufen zu lassen und auf Ihn zu vertrauen. Statt noch eine Schippe draufzulegen, darf ich meinen persönlichen Sabbat jede Woche auskosten, und auch in größeren Abständen ein Sabbatjahr einlegen. Mir hilft es, wenn ich mir schlicht die Frage stelle: Was kann denn im schlimmsten Fall passieren, wenn ich das eine oder andere laufen lasse? Vielleicht nehmen sich andere des Themas, der Gruppe an – ich bin also gar nicht so unersetzlich. Oder das Thema oder Angebot verläuft sich einfach so, denn es hatte seine Zeit. Gewiss fällt mir das nicht leicht, schließlich liegen mir die Themen und Menschen am Herzen. Doch solch eine Zäsur hilft zu sortieren und schafft Freiräume. Vor allem aber erinnert mich jeder Sonntag daran: Nicht ich trage die Kirche, sondern Gott ist es, der sie erhält und ihr eine Zukunft in dem auferstandenen Christus schenkt.
Bleiben Sie wohlbehütet, Ihr Dekan Olliver Zobel