Dieser Abend war nicht nur ein Plädoyer für den wichtigen Beitrag, den Religion für den Bestand unserer Demokratie leistet, er war auch ein Appell für mehr Ökumene unter den Religionsgemeinschaften in unserer Gesellschaft. Mit der Frage „Wieviel öffentlich sichtbare Religion verträgt unsere Gesellschaft?“ hatte sich das 17. Interreligiöse Gespräch, organisiert von der VHS-Bingen und dem Evangelischen Dekanat Ingelheim-Oppenheim, wieder ein spannendes Thema gegeben.
Dieser Abend war nicht nur ein Plädoyer für den wichtigen Beitrag, den Religion für den Bestand unserer Demokratie leistet, er war auch ein Appell für mehr Ökumene unter den Religionsgemeinschaften in unserer Gesellschaft. Mit der Frage „Wieviel öffentlich sichtbare Religion verträgt unsere Gesellschaft?“ hatte sich das 17. Interreligiöse Gespräch, organisiert von der VHS-Bingen und dem Evangelischen Dekanat Ingelheim-Oppenheim, wieder ein spannendes Thema gegeben und dazu argumentationsstarke Gäste eingeladen: die Pröpstin für Rheinhessen und das Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, und, als Vertreter des Islam, Dr. Mohammed Naved Johari, Mitglied der deutschsprachigen Moscheegemeinde in Frankfurt.
Kooperationspartner im Bildungs- und Sozialbereich
In seiner kurzen Einführung in das Thema informierte der Dekan des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim, Pfarrer Olliver Zobel, im großen Saal der Binger Volkshochschule die rund 40 erschienenen Besucher:innen der Podiumsdiskussion, über die rechtlichen Hintergründe der Frage. Das Grundgesetz, so der Dekan, gestatte nicht nur Jeder und Jedem die freie Religionsausübung und räume den Religionsgemeinschaften besondere Rechte und Pflichten ein. Die deutsche Verfassung fordere keine strikte Trennung von Kirche und Staat wie in Frankreich, sondern strebe mit den Religionsgemeinschaften eine Zusammenarbeit insbesondere im Bildungs- und Sozialbereich an.
Religion schafft Räume zum „Auf-Hören“
Pröpstin Henriette Crüwell setzte der Forderung, Religion zur Privatsache werden zu lassen, Folgendes entgegen: „Wo immer Gesellschaften versuchen, die Religion ins stille Kämmerlein und damit aus dem öffentlichen Leben zu verbannen, da gehen auch Freiheit und Vielfalt verloren sowie Räume und Zeiten zum Auf-Hören im doppelten Sinne des Wortes – nämlich zur Unterbrechung und zur Aufmerksamkeit für das Andere und Fremde, das Zukünftige und Gegenwärtige“. Und Dr. Johari erinnerte an die Werte, die Religion in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen kann, und dass es daher auch um eine Akzeptanz, nicht nur um eine Toleranz des Andersdenkenden gehen muss.
Eine Verpflichtung zu Nächstenliebe und nachhaltigem Lebensstil
Ergänzend verwies Pröpstin Crüwell auf das jüngste Buch des deutschen Soziologen und Politikwissenschaftlers Hartmut Rosa, das den programmatischen Titel „Demokratie braucht Religion“ trägt und führte aus, welchen wichtigen Beitrag Religionsgemeinschaften hier leisten können: „Wer die Anderen in ihrem Anderssein als Ebenbild Gottes erkennt, kann sich nicht heraushalten, wo die Freiheit und Würde des Menschen verletzt wird. Wer unseren Planeten als Gottes Schöpfung deutet, kann nicht anders, als sich einzumischen, wenn es um Nachhaltigkeit und um eine neuen, für alle verträglichen Lebensstil geht.“
Mehr Ökumene: „Damit wir eine Zukunft haben“
Um der Stimme der Religionsgemeinschaften mehr Gewicht zu geben, forderten nicht nur einige Besucher:innen der Veranstaltung in ihren Beiträgen eine Intensivierung der Ökumene, auch der Vertreter des Islams, Dr. Johari, betonte: „Wir brauchen mehr Ökumene unter den Religionsgemeinschaften, damit wir in unserer Unterschiedlichkeit einen gemeinsamen Weg gehen können.“ Und Pröpstin Crüwell plädierte: „All die Krisen, in denen wir uns gerade befinden, erfordern doch, dass wir miteinander reden, über uns hinausschauen, hinaus denken und miteinander an einem Strang ziehen, damit wir eine Zukunft haben.“